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05.12.2017 |

Leitlinien für Gemeinsame Agrarpolitik der EU ab 2021 enttäuschend

Wenn es nach EU-Komissar Hogan geht, fließen auch nach 2021 viele Millionen in pauschale Direktzahlungen. (Foto: BUND Bundesverband / flickr, CC BY-NC 2.0) Wenn es nach EU-Komissar Hogan geht, fließen auch nach 2021 viele Millionen in pauschale Direktzahlungen. (Foto: BUND Bundesverband / flickr, CC BY-NC 2.0)-+-

Naturschutzverbände und Bauernorganisationen zeigen sich enttäuscht von Hogans Vorschlag für die Neugestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP). EU-Agrarkommissar Phil Hogan hatte in der vergangenen Woche mit dem Papier „The Future of Food and Farming" einen ersten Entwurf für die Förderpolitik in Landwirtschaft ab 2021 vorgestellt. Die dringend notwendige Reform zeichnet sich in den veröffentlichten Leitlinien nicht ab. So soll nicht am bisherigen System der pauschalen flächenbezogenen Agrarsubventionen gerüttelt werden und der Kurs der Weltmarktorientierung ausgebaut werden.

Einzig große Neuerung ist die Renationalisierung: Die Regelungen sollen auf EU-Ebene vereinfacht werden, indem die Verantwortung der Verteilung der Gelder den einzelnen Mitgliedsstaaten übertragen wird. Umweltziele für die Landwirtschaft würden weiterhin auf EU-Ebene festgelegt werden, jedes Land aber einen eigenen Strategie-Plan entwickeln, um diese zu erreichen. Unklar bleibt dabei, welche Ziele ausgegeben werden und wie die Kommission ihre Umsetzung genau kontrollieren will. In dieser Flexibilisierung sieht NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller die Gefahr eines Rennens um die niedrigsten Standards zwischen den EU-Ländern. „Das können die deutschen Landwirte nur verlieren“, warnt Miller. Denn in Deutschland ist der Druck für mehr Tierschutz und weniger Pestizide größer als anderswo. Zudem hatten die EU-Mitgliedsstaaten schon in der laufenden Förderperiode großen Gestaltungsspielraum. Sie nutzten diesen aber kaum für sinnvolle Projekte. Spätestens seit dem aktuellen Skandal um die Zustimmung von Landwirtschaftsminister Schmidt zur Glyphosat-Zulassung stellt sich auch in Deutschland die Frage, ob nationale Spielräume zum Vorteil einer bäuerlich-ökologischeren Landwirtschaft und nicht für die Interessen der Agrarindustrie genutzt würden.

Vergangene Woche erst wurde in der groß angelegten internationalen Studie „Is the CAP fit for purpose?“ der bisherigen EU-Agrargesetzgebung hochgradige Ineffizienz und Umweltschädlichkeit bescheinigt. Eine Gruppe aus Ökonom_innen, Soziolog_innen und Ökolog_innen hatte die Agrarpoltik dabei einem „Fitness-Check“ unterzogen – wie sie sonst von der EU selbst vorgenommen werden. Einen derartigen Check für die europäische Agrarpolitik wurde aber von Kommission und Mehrheit der Mitgliedsstaaten stets abgelehnt. Darin wird klar heraus gestellt: Die Subventionen als Hauptinstrument der GAP schaffen bei Bäuerinnen und Bauern Abhängigkeit und führen nicht zu einem angemessenen Lebensstandard. Gezielte Agrarumweltmaßnahmen, das wirksamste Instrument zur Erreichung der Umweltziele, hingegen erhalten nur einen Bruchteil der Finanzierung. Daher, so das Fazit der Studie, können sie den Artenschwund, die Verursachung von Umweltschäden und die steigende Nitratbelastung des Grundwassers nicht aufhalten.

Um die Verfehlungen der letzten Jahrzehnte aufzuholen, bräuchte es also einen ambitionierten Reformvorschlag. Aber: „Die Pläne der Kommission sind noch wesentlich schlechter als wir befürchten mussten“, zeigt sich Miller enttäuscht. Der NABU bemängelt insbesondere, dass die Säulenstruktur der GAP nicht angetastet wird. Nach diesem Modell werden Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe und Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen unterschiedlichen Säulen zugeordnet und nicht aneinander gekoppelt. So werden weiterhin viele Milliarden in Intensivierung und billige Massenproduktion fließen. „Das ist pure Ignoranz für den Ernst der Lage. Die Kommission verschließt offenbar völlig die Augen vor der fatalen Umweltbilanz ihrer Agrarpolitik“, so Miller.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) legte wenige Tage nach der Veröffentlichung von Hogans Leitlinien ein Papier mit konkreten Vorschlägen für eine „gerechte Agrarpolitik“ vor. Sie schlägt darin vor, mit den Finanzmitteln der bisherigen Direktzahlungen konkrete gesellschaftliche Leistungen zu honorieren. Betriebe, die sich für gesunde Böden, saubere Gewässer und das Wohl der Tiere einsetzen, müssen dafür belohnt werden. Die Höhe der Zahlungen solle über ein Punktesystem berechnet werden. Die bewirtschafteten Hektare werden in diesem Modell anhand von Kriterien wie Fruchtfolgendiversität, Höhe des Grünland-Anteils, Verzicht auf Totalherbizide wie Glyphosat und Platz pro Tier für Subventionen qualifiziert. Das wäre ein probates Mittel, um die richtigen Anreize zu setzen. So könnten in Zukunft kleine und mittlere Betriebe, die ökologisch wirtschaften und ausreichend Fläche für ihre Tiere haben profitieren – und Megaställe würden dann nicht mehr durch die EU bevorteilt.

Aktuelle Umfragen geben dem NABU und der AbL Recht. In einer Online-Konsultation, die die EU Kommission im Februar dieses Jahres gestartet hatte, waren 76 % der Befragten der Meinung, die GAP adressiere die Herausforderungen in der Landwirtschaft nicht ausreichend. Ebenso sieht die Mehrzahl die Förderung ländlicher Entwicklung und Klimaschützender Maßnahmen als das bessere Instrument, diesen Herausforderungen zu begegnen, als pauschale Direktzahlungen

30.11.2017 |

Schmidts Weihnachtsgeschenk an die Agrarindustrie

Christian Schmidt im Alleingang: seine Entscheidung hat für Furore gesorgt (Foto: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/) Christian Schmidt im Alleingang: seine Entscheidung hat für Furore gesorgt

Das Votum von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt auf EU-Ebene, durch das Glyphosat weitere fünf Jahre zugelassen wird, hat vielfachen Protest bis hin zu Rücktrittsforderungen provoziert. Gegen den Willen von Umweltministerin Barbara Hendricks hatte der CSU-Politiker mit „Ja“ votiert – und damit gegen die Geschäftsordnung der amtierenden Bundesregierung verstoßen und einen handfesten Eklat verursacht. Schmidt hätte sich enthalten müssen, bevorzugte aber das Zünglein an der Waage für die Verlängerung des höchst umstrittenen Ackergifts zu spielen.

Ohne seine Zustimmung wäre das notwendige Quorum, nach dem mindestens Vertreter von zwei Drittel der EU-Bevölkerung mit Ja stimmen müssen, nicht erreicht worden.
Mit diesem Alleingang verortete sich Schmidt nicht nur unmissverständlich auf Seite von agrarindustriellen Konzernen wie Bayer-Monsanto, sondern er stieß auch der Zivilgesellschaft massiv vor den Kopf. Verschiedene Erhebungen hatten in der Vergangenheit den BürgerInnenwillen belegt, Glyphosat aus der Landwirtschaft verbannen zu wollen. So sprachen sich laut einer von Greenpeace in Auftrag gegeben repräsentativen Umfrage 83 Prozent dafür aus. Befragungen von Naturschutzbund (77 Prozent Ablehnung) und Campact (70 Prozent) kamen zu vergleichbaren Ergebnissen. Es ist also klar: Eine eindeutige Mehrheit will hierzulande das Totalherbizid weder in Gärten noch auf Äckern.

Auch auf europäischer Ebene sieht das Stimmungsbild ähnlich aus. Bei einer europaweiten Bürgerinitiative hatten vor wenigen Monaten 4 Millionen Menschen unterschrieben und so gegen die nun verabschiedete Wiederzulassung protestiert. Dass Schmidt nun in dieser Form gegen den Bürgerwillen handelt, brachte ihm einmal mehr massive Vorwürfe ein. Jochen Fritz, Sprecher der Wir haben es satt!-Demonstration, kommentierte etwa: „Christian Schmidt hat mit diesem vorgezogenen Weihnachtsgeschenk an Bayer-Monsanto einmal mehr bewiesen, dass er ein Handlanger der Industrie ist.“ Eine derartige Fehlbesetzung im Landwirtschaftsministerium dürfe es nicht noch einmal geben. Nach Bekanntwerden der Entscheidung verbreitete sich ein von Campact gestarteter Eil-Appell rasant über die Social Media-Kanäle. Innerhalb kürzester Zeit unterzeichneten knapp 250.000 Menschen den Aufruf, der den Rücktritt Schmidts fordert.

Nicht nur das Vertrauen der Gesellschaft ist durch Schmidts Verhalten tief erschüttert worden. Auch mögliche Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union werden von dem fragwürdigen Vorgehen des Ministers überschattet. „Egal welche Partei mit der CDU und CSU in den nächsten Wochen am Verhandlungstisch sitzt, ein nationaler Glyphosat-Ausstiegsplan muss gesetzt sein“, forderte Leif Miller unlängst. Der Bundesgeschäftsführer des Naturschutzbund verlangte, die künftige Bundesregierung müsse den Beweis antreten, dass sich die deutsche Agrarpolitik nicht blind nach den Interessen der Agrarindustrie richtet, sondern nach denen von Verbrauchern und Umwelt.

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) will einen schnellstmöglichen Ausstieg aus dem chemisch-synthetischen Pflanzenschutz. „Bio-Bauern, aber auch immer mehr konventionelle Landwirte, beweisen, dass eine moderne Landwirtschaft ohne Glyphosat auskommt“, so Felix Prinz zu Löwenstein. Ein Ackerbau ohne die Nutzung von Pflanzengiften wie Glyphosat funktioniere nicht nur, sondern er schütze darüber hinaus Umwelt, Böden, Wasser und Bauern, stellte der BÖLW-Vorsitzende die Zukunftsfähigkeit dieses Modells heraus.

Mit einem deutschlandweiten Glyphosat-Ausstieg, wie er als Reaktion auf den Fehltritt Schmidts aktuell vielfach gefordert wird, stünde Deutschland nicht alleine da. Frankreich etwa kündigte jüngst an, unabhängig von der Entscheidung in Brüssel auf nationaler Ebene ein Glyphosat-Verbot durchsetzen zu wollen.

21.11.2017 |

Wir haben es immer noch satt!

Wir haben Agrarindustrie satt!-Demonstration schlägt auch im 8.Jahr Alarm für eine andere Landwirtschafts- und Ernährungspolitik Wir haben Agrarindustrie satt!-Demonstration schlägt auch im 8.Jahr Alarm für eine andere Landwirtschafts- und Ernährungspolitik

Am 20. Januar werden wieder Zehntausende für eine andere Landwirtschafts- und Ernährungspolitik auf die Straße gehen. Zum mittlerweile 8. Mal ruft ein breites Bündnis von Bäuerinnen und Bauern und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu Protesten im Zentrum von Berlin auf. Im Fokus der Demonstration stehen 2018 gesundes Essen, artgerechte Tierhaltung und ein Ende der landwirtschaftlichen Dumping-Exporte. Vom Hauptbahnhof geht es dieses Mal mit Kochtöpfen zur internationalen Agrarministerkonferenz, wo zum Auftakt der „Grünen Woche“ LandwirtschaftsministerInnen aus aller Welt zusammenkommen.

Warum im 8. Jahr noch demonstrieren? Die Antwort ist so schlicht wie einfach: Weil es notwendig ist. Die fatale Realität der industriellen Landwirtschaft wird uns tagtäglich vor Augen geführt. In regelmäßigen Abständen erschüttern Lebensmittel-Skandale unser Vertrauen in das, was wir essen. Massenhafter Pestizideinsatz zerstört die Artenvielfalt und führt zu einem Insektensterben unfassbaren Ausmaßes. Mit Klauen und Zähnen verteidigt die Industrie den flächendeckenden Einsatz von Pestiziden wie dem Totalherbizid Glyphosat. Aber damit nicht genug. Die industrielle Fleischproduktion sorgt für Antibiotikaresistenzen und Überdüngung verschmutzt unser Trinkwasser. Auch der Kampf gegen Gentechnik und Patente auf Leben findet kein Ende. Die Macht von Konzernen hat unerträgliche Ausmaße erreicht. Immer mehr Großunternehmen fusionieren zu Megakonzernen und wollen – wie im Fall von Bayer und Monsanto – die Kontrolle „vom Acker bis zum Teller“. Damit verdient die Agrarindustrie Milliarden – und sie will dieses Geschäft noch weiter ausbauen.

Wie sieht die Bilanz bisher aus? Von politischer Seite ist mehr Mut und Handlungswille gefragt. Christian Schmidt etwa war als Landwirtschaftsminister seit 2014 nahezu ein Totalausfall. Den zahlreichen Ankündigungen folgten kaum brauchbare Maßnahmen. Das muss sich dringend ändern. Aber: Wir blicken auch auf eine Zeit zurück, in der wir viel erreicht haben. Durch Proteste wurden zahlreiche Megaställe verhindert, Insektizide wie Neonikotinoide verboten und Essen ist zum Politikum geworden. Immer mehr Menschen wollen wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen. Sie kaufen saisonal, ökologisch oder direkt bei der Bäuerin. Viele Bauernhöfe produzieren mittlerweile Milch ohne Gentechnik, halten ihre Tiere artgerecht und stellen auf Ökolandbau um. Mutige, junge Menschen gründen Betriebe im Lebensmittelhandwerk oder in der Landwirtschaft. So wird die Agrar- und Ernährungswende Tag für Tag immer mehr zur Wirklichkeit. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft und gutes Essen für alle ist also möglich.

Was fehlt ist die politische Unterstützung des gesellschaftlich gewollten Umbaus der Landwirtschaft. Landwirtschaftspolitik in Deutschland ist immer noch Industriepolitik. Maßgeblich verantwortlich hierfür ist die unheilige Lobby-Allianz zwischen Großkonzernen, Bauernverband und Politik, die allen, die etwas ändern wollen, Knüppel zwischen die Beine wirft. Damit sich etwas ändert, brauchen wir den Druck unserer breiten Bewegung auf der Straße. Unsere Forderungen müssen unüberhörbar werden. Im Januar treten wir ein für gesundes Essen für alle. Wir brauchen eine Ernährungspolitik, die auf regionale und nachhaltige Lebensmittel setzt statt auf industrielle Massenprodukte. Dringend angegangen werden muss weiterhin der Umbau der Tierhaltung. Denn Schweine, Hühner und Kühe brauchen Stroh, Auslauf und Weideland. Deswegen muss die Bundesregierung den Umbau hin zu artgerechter Tierhaltung so fördern, dass kleine und mittlere Betriebe nicht die Leidtragenden sind. Ein Blick auf die globalen Zusammenhänge unseres Ernährungssystems zeigt: Aggressive Exportstrategien gepaart mit einer verfehlten Agrarpolitik ruinieren Bauernhöfe auf der ganzen Welt. Das aktuelle System ist absurd. Denn Bäuerinnen und Bauern erhalten weder hierzulande noch im Globalen Süden vernünftige Preise für ihre Produkte – es profitieren die Großkonzerne. Statt dem Preisdumping für den Weltmarkt brauchen wir besser heute als morgen globale Bauernrechte, faire Preise und eine weltweite Agrarwende.

Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, werden sich am 20. Januar wieder viele Tausende in Berlin versammeln. Als Gastgeberin der Agrarministerkonferenz steht die Bundesregierung dann im Licht der Weltöffentlichkeit. Diesen Moment nutzen wir: Während sie drinnen tagen, schlagen wir draußen mit Kochtöpfen Alarm für die globale Agrar- und Ernährungswende und für gerechten Welthandel. Wir wissen: Wer etwas ändern will, braucht einen langen Atem. Den haben wir, denn aus der Puste sind wir noch lange nicht!

09.11.2017 |

Für Groß und Klein: Die Geschichte vom ersten selbstbestimmten Hühnerhof

Rebellion auf dem Hühnerhof Rebellion auf dem Hühnerhof

3.333 Hühnchen sind in einer Eier-Fabrik gefangen. Sie sehen niemals das Sonnenlicht, geraten oft in Streit und machen jeden Tag nichts anderes außer ein Ei zu legen. Doch das Nesthäkchen will sich mit dieser tristen Realität nicht abfinden. „Hühnchen“, der jüngste Spross im Stall, begehrt gegen Lege-Monotonie auf: Es will fliegen lernen und goldene Eier legen. In dem musikalischen Theater „Die Hühneroper“, das am Samstag im Berliner Atze Musiktheater Premiere feierte, gelingt dem widerständigen Huhn, was im Alltag konventioneller Legehennen unmöglich ist. Es gräbt sich ein Loch in die Freiheit – und entdeckt grüne Wiesen, blauen Himmel und die Regenwürmer im Boden.

Mit seinen Ausflügen zettelt „Hühnchen“ die Hühner-Revolte an, die alle Gewissheiten auf der Hühnerfarm in Frage stellen soll: Warum muss ein Huhn auf dem Platz einer Serviette leben? Was hat es mit dem bestialischen Gestank auf sich, der die Hühner permanent krank macht? Und warum herrscht andauernd Stress im Stall? Die Antwort ist einfach: Weil der Herr Verwalter seine Eier zu Ramsch-Preisen veräußern will („Viele und billig! 50 Eier für 50 Cent“). Doch der Rebellion der Hühner ist er nicht gewachsen. Die Hühner sind davon überzeugt, dass es auch anders geht – und können letztlich auch den Verwalter vom neuen Geschäftsmodell überzeugen: Mehr Freilauf und Platz, besseres Futter und weniger Eier in der Woche, dafür aber Bio-Qualität. Das lohnt sich für beide Seiten und so entsteht der erste selbstbestimmte Eierhof.

Die „Hühneroper“ bringt Kinder ab fünf Jahren dazu, über ihr Essen nachzudenken und fest stehende Gewissheiten zu hinterfragen. Gleichzeitig regt das Stück auch große Menschen an, über die Realität von Massentierhaltung und den alltäglichen Konsum nachzudenken. Das 70-minütige Singspiel, das sich an dem gleichnamigen Roman von Hanna Johannes und dem Jugend-Sachbuch „Iss was?! Tiere Fleisch & Ich“ der Heinrich-Böll-Stiftung orientiert, ist noch bis März im Atze Musiktheater zu sehen.

25.10.2017 |

Missbildungen, Fehlgeburten, Krebs – Fotoausstellung zeigt die Folgen von Glyphosat

Schäden Glyphosat 13,4 Millionen Menschen sind in Argentinien gesundheitlich von Glyphosat geschädigt, Bild-Rechte liegen bei Pablo e. Piovano

Es sind erschreckende und schmerzvolle Bilder, die die am Donnerstag eröffnete Fotoausstellung „Landwirtschaft der Gifte – Ihr Preis für den Menschen“ des Fotografen Pablo E. Piovano im Berliner Willy-Brandt-Haus zeigt. Die Fotos dokumentieren die katastrophalen Auswirkungen des Unkrautvernichtungsmittels in den ländlichen Regionen Argentiniens, wo auch für den europäischen Markt Mais und Soja im großen Stil angebaut wird. Die gezeigten Schicksale sind – auch vor dem Hintergrund der geplanten Wiederzulassung des Ackergifts durch die EU – ein dringender Appell das „Experiment Glyphosat“ abzubrechen.

Das von Monsanto vertriebene Glyphosat ist das weltweit meist verkaufte Totalherbizid und steht massiv in der Kritik, da es laut Weltgesundheitsorganisation „höchst wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ ist. In immer neuen Studien wurde in den letzten Jahren nachgewiesen, dass Glyphosat mittlerweile allgegenwärtig in der Nahrungskette ist. Immer zeigt sich zudem die skandalöse Nähe von staatlichen Institutionen und Agrochemie-Konzernen: Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass das dem Bund unterstellte Institut für Risikobewertung ganze Passagen seiner Einschätzung bezüglich des Herbiszids vom Hersteller wortwörtlich abgeschrieben hat.

Mitte der 1990er Jahre hielt Glyphosat Einzug in die argentinische Landwirtschaft, als die Regierung den Anbau von gentechnisch veränderten Sojabohnen zuließ. Seitdem nahm der Einsatz von Agrargiften in dem südamerikanischen Land exponentiell zu. Innerhalb von20 Jahren verzehnfachte sich die Menge der eingesetzten Pestizide und lag 2011 bei unvorstellbaren 370 Millionen Litern pro Jahr. Auch dort verließen sich staatliche Stellen beim Zulassungsverfahren, das innerhalb weniger Monate durchgewunken wurde, nur auf die Studien Monsantos ohne eigene Forschungen anzustellen.

„Es war nicht schwer, in diesen Gebieten betroffene Personen zu treffen“, sagt Piovano. Der Fotograf warrwar für seine Recherchen vier Jahre im Nordosten des Landes unterwegs. „Eine führte mich zur Nächsten“, erinnert er sich. „Aberdutzende Leute öffneten mir ihre Türen und offenbarten mir immer und immer wieder die gleichen Leidensgeschichten: angeborene Missbildungen, Fehlgeburten und Krebserkrankungen.“ Innerhalb von einem Jahrzehnt stiegen in den betroffenen Orten die Krebserkrankungen bei Kindern auf das Drei- bis Vierfache des Landesdurchschnitts. Seinen Angaben nach sind 13,4 Millionen Menschen unmittelbar betroffen – eine Aufklärung durch den Staat fand bis heute nicht statt.

Die Ausstellung kann noch bis zum 21. Januar 2018 besucht werden. Der Eintritt ist frei.

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