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Nachrichten

29.09.2016 |

Umbau der Landwirtschaft gefordert

Breites gesellschaftliches Bündnis fordert Existenzsicherung bäuerlicher Betriebe (Foto: CCO, Pixabay) Breites gesellschaftliches Bündnis fordert Existenzsicherung bäuerlicher Betriebe (Foto: CCO, Pixabay)

„Wertschöpfung schaffen!“ lautet der dringende Appell mit dem die Kampagne „Meine Landwirtschaft“ auf die existenzbedrohende wirtschaftliche Lage vieler deutscher und europäischer Höfe reagiert. In einem heute veröffentlichten Aktionsprogramm wendet sich das Bündnis aus 45 Organisationen an Bund und Länder und legt konkrete Sofortmaßnahmen vor, die beispielsweise die kurzfristige Milchmengenregulierung und die Umschichtung von 500 Millionen Euro aus der Flächensubvention in den Topf für tier- und umweltfreundliche Landwirtschaft vorsieht. Langfristig müsste die Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) umgebaut werden.

Vielen bäuerlichen Betrieben fehlt in diesen Tagen der schweren Krise oft die wirtschaftliche Perspektive und sie sind vielerorts zur Aufgabe gezwungen. Allein 2015 gaben 3200 Betriebe in der Milchviehhaltung auf. Eine wesentliche Ursache dieser existenziellen Krise liegt in der zunehmenden Intensivierung und starken Exportorientierung der Landwirtschaft, welche von der Politik in Berlin und Brüssel in den vergangenen Jahrzehnten massiv vorangetrieben wurde. Die starke Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion geht dabei oft auf Kosten der Umwelt, des Tierschutzes und der Länder des globalen Südens. Doch die versprochenen kaufkräftigen Absatzmärkte stellten sich als Fehlprognose heraus. Es entstanden riesige Produktionsüberschüsse, die zu einem massiven Verfall der Preise führten – und so zum Ruin vieler Landwirte werden.

Deshalb müssten die Gelder der EU-Agrarförderung zweckgebunden eingesetzt werden und bei denen ankommen, die sich für tiergerechte Haltung, Agrarumweltmaßnahmen, Weidemilchprojekte und den Ökologischen Landbau in ihrer landwirtschaftlichen Praxis einsetzten. „Wir fordern die Bundesregierung auf, die Gelder für Programme der ländlichen Entwicklung von bislang 4,5 auf die möglichen 15 Prozent aufzustocken sowie eine höhere Förderung der ersten Hektare“, so Martin Schulz, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Immer mehr Verbraucher sind bereit mehr zu zahlen, wenn Herkunft, Tierhaltungsform und positive Umweltwirkung auf den Produkten erkennbar sind, ist sich Jochen Fritz, Sprecher der Kampagne, sicher. Dies sei eine enorme Chance für den heimischen Markt, die derzeit bisher ungenutzt bliebe. Denn die heimische Öko-Erzeugung hält mit dem Wachstum des Marktes derzeit nicht Schritt. Für die Entwicklung des bäuerlichen Öko-Landbaus müssten dann aber auch „ausreichend Mittel für die Umstellung bereitgestellt werden“, so Antje Kölling von Demeter.

Fehlanreize gehören abgeschafft, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes und eine tiergerechte Nutztierhaltung unterstützt:„Erst wenn Landwirte angemessene Erlöse für ihre Produkte erhalten und eine gesellschaftlich erwünschte Tierhaltung mit öffentlichen Geldern gefördert wird, kann ein hohes Tierschutzniveau etabliert werden.“ Auch die Umwelt würde von einem Umbau der Nutztierhaltung, der den Tierbestand an die Fläche bindet, profitieren. Denn obwohl der Fleischkonsum in Deutschland seit Jahren rückläufig ist, steigt die Fleischproduktion in überproduzierenden Megaställen. Die dabei anfallende Gülle und der damit einhergehende Stickstoffüberschuss gehöre zu den derzeitig größten Umweltproblemen, so Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Ab morgen diskutieren Aktive aus der Wir haben es satt!-Bewegung auf einem viertägigen Kongress Themen um das Motto „Landwirtschaft Macht Essen“. Auf Einladung der Kampagne „Meine Landwirtschaft“ werden sich auch Verbandsvertreter und Politikerinnen in öffentlichen Veranstaltungen zu den globalen Machtverhältnisse im Agrar- und Ernährungssektor positionieren. Die nächste Wir haben es satt!-Demonstration ist für den 21. Januar 2017 angekündigt.

28.09.2016 |

Landwirtschaft im Herzen Berlins

Ein Wochenende, das mit zwei Veranstalungen im Zeichen der bäuerlichen Landwirtschaft steht. (Foto: Markthalle Neun) Ein Wochenende, das mit zwei Veranstalungen im Zeichen der bäuerlichen Landwirtschaft steht. (Foto: Markthalle Neun)

Am Wochenende werden Zehntausende nach Kreuzberg strömen, um am Stadt Land Food-Festival teilzunehmen und den Wir haben es satt!-Kongress besuchen. Zuvor luden die Markhalle Neun und die Kampagne „Meine Landwirtschaft“ zu einem Frühstück, um das bunte Programm vom 30. September bis 3. Oktober vorzustellen und bereits vorab zu zeigen: das Reden über Lebensmittel und das Schmecken von Essen gehören zusammen.

„Die Alternative einer bäuerlich-ökologischeren Landwirtschaft gibt es schon, in Berlin wird sie am ersten Oktoberwochenende sichtbar und erlebbar!“ so Jochen Fritz, Sprecher der Kampagne. Bereits zum zweiten Mal veranstalten die Organisatoren am Erntedank-Wochenende dieses Format, das den hohen Anspruch hat, die Landwirtschaft der Zukunft mitzugestalten. Märkte, Werkstätten, Kulturveranstaltungen und der politische Kongress verbinden die theoretische Seite der Lebensmittelproduktion mit ihrer praktischen Seite.

Mit Blick auf die geplante Fusion von Bayer und Monsanto äußerte Marita Wiggerthale, Agrarexpertin von Oxfam, dass zukünftig wenige große Konzerne maßgeblich über das Essen aller bestimmen, ohne dass sich Einzelne noch entscheiden könnten. Diese Form der Machtkonzentration in den Händen von Megakonzernen müsse verhindert werden. Das Motto des Kongresses“ Landwirtschaft Macht Essen“ nimmt diese Dimension von Lebensmittelproduktion in den Blick.

Auch über die katastrophale Lage auf dem Milchmarkt der seinen Bauern derzeit Preise auszahlt, von denen sie nicht mehr überleben können, wird ein großes Thema auf dem Kongress sein. „Doch wer weiß noch, wie Milch veredelt und zu Käse gemacht wird?“, fragt Ursula Heinzelmann, Kuratorin der Stadt Land Food Käse-Werkstatt. An der „Milchkostbar“ wird Milch in ihren vielfältigen Formen und Verarbeitungen erfahrbar und schmeckbar gemacht. Täglich gibt es mehrmals Workshop, um selbst Ricotta zu schöpfen oder Käse zu schmieren.

27.09.2016 |

Bauern wollen mit Freien Listen zur Wahl antreten

Mit der Sozialwahl 2017 findet erstmalig in der Landwirtschaft eine bundesweite Wahl statt. Mit der Sozialwahl 2017 findet erstmalig in der Landwirtschaft eine bundesweite Wahl statt.

Am 31. Mai 2017 werden erstmals alle Versicherten der „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ (SVLFG) eine bundesweite Vertreterversammlung wählen. Dieses „Parlament“ entscheidet über Beiträge, Leistungen und das Beratungsangebot der Sozialversicherung. Aus Unzufriedenheit über die bisherige Ausgestaltung haben sich Bauern, Imker und Waldbesitzer vorgenommen, mit zwei „Freien Listen“ zur Wahl antreten. Doch um zugelassen zu werden, brauchen beide Listen bis Mitte Oktober jeweils 1000 Unterstützerunterschriften – die Sammlung läuft bereits auf Hochtouren.

Stefan Mann ist Spitzenkandidat auf der Liste für die Arbeitgeber. Der Michviehhalter aus Hessen ist auch Mitglied im Bundesvorstand des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM). Für ihn ist klar: „Für Milchviehhalter und andere arbeitsintensive Betriebe sind die Beiträge zur Unfallversicherung stark erhöht worden. Da muss sich was ändern!“ Veränderung will auch Heinrich Eickmeyer, Sprecher des „Arbeitskreises zur Abschaffung der Hofabgabeklausel“. Er ist Spitzenkandidat der Freien Liste für Selbständige ohne fremde Arbeitskräfte (SofA): „Unsere Sozialversicherung SVLFG muss sich für die Abschaffung der Hofabgabeklausel einsetzen. Außerdem muss gelten, dass diejenigen, die pflichtversichert sind und Beiträge einzahlen, auch Leistungen erhalten müssen“, benennt Eickmeyer zwei seiner Forderungen.

Die beiden unterschiedlichen Freien Listen für „Arbeitgeber“ und für „Selbständige ohne fremde Arbeitskräfte“ (SofA) kommen zustande, da sich das insgesamt 60-köpfige „Parlament“ der landwirtschaftlichen Versicherung aus unterschiedlichen Gruppen mit jeweils 20 Vertretern zusammensetzt: Neben den Arbeitnehmern sind es die Arbeitgeber und die Selbständigen ohne familienfremde Arbeitskräfte. Jede Gruppe wählt ihre eigenen Vertreter. Entsprechend gibt es auch für jede Gruppe separate Listen. Bei den inhaltlichen Zielen stimmen die beiden „Freien Listen“ aber überein. „Wir brauchen mehr Beitragsgerechtigkeit vom Grundbeitrag bis zur Beitragsstaffel und mehr Transparenz darüber, wie die Beschlüsse in unserer eigenständigen Sozialversicherung SVLFG überhaupt zustande kommen“, erklärt Stefan Mann.

Heinrich Eickmeyer ergänzt: „Die landwirtschaftliche Rente ist ohnehin schon zu gering. Wer das Rentenalter aber erreicht und jahrelang eingezahlt hat, muss die Rente auch bekommen – ohne Hofabgabepflicht.“ Auch bei der Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe in Fragen der Sozialversicherung sehen die Freien Listen Reformbedarf. Denn diese Beratung ist zum Teil an Bauernverbände übertragen worden, was für Bauern, die nicht im Bauernverband Mitglied sind, häufig eine Hürde darstellt.

26.09.2016 |

Landwirtschaft in kleinem Maßstab

Tausende gingen vor dem "Salone del Gusto" in Turin auf die Straße (Foto: Slow Food) Tausende gingen vor dem "Salone del Gusto" in Turin auf die Straße (Foto: Slow Food)

„Sie sind Giganten, aber wir sind viele“ – unter diesem Motto zogen am letzten Freitag Tausende gegen die Macht der multinationalen Großkonzerne der Agrarindustrie durch die Straßen Turins. 7000 Bäuerinnen und Lebensmittelhandwerker, Fischerinnen und Indigene, Aktivistinnen und engagierte Bürger aus 143 Ländern gingen anlässlich des elften „Salone del Gusto“ zum gemeinsamen Protest in das Zentrum der Kulturhauptstadt.

Mit der Fusion von Bayer und Monsanto entstünde ein gigantisches Unternehmen, das gleichzeitig Saatgut, Düngemittel, Herbizide und Pestizide kontrolliere – und dazu die Arzneimittel, um die eventuellen Folgen für die menschliche Gesundheit zu behandeln, produziere, so der französische Bauer und Aktivist José Bové. Dabei müssten vor allem die lokale Landwirtschaft in kleinem Maßstab gestärkt werden, so der Ansatz von Slow Food. Auch Finanzspekulationen auf tägliche Nahrungsmittel gefährdeten das Überleben Millionen von Bauern weltweit, so Carlo Petrini, Präsident von Slow Food. Der Protest in Turin beweise aber, dass eine Vielzahl an Menschen die Regeln dieser Wirtschaft entschlossen ablehne.

Die Welt der Landwirtschaft bestünde aus multinationalen Großkonzernen, aber auch aus über 500 Millionen Familienbetrieben, die sich Tag für Tag dafür einsetzen, die biologische Vielfalt zu verteidigen, gebietseigenes Saatgut zu fördern und auf lokaler Ebene gesunde, saubere Wirtschaftssysteme aufzubauen. Diese Vielzahl fördere konkret ein alternatives Modell und zeige mögliche Zukunftsperspektiven auf, in denen die Ernährungssouveränität verbreitete Realität ist.

20.09.2016 |

Was kosten unsere Lebensmittel wirklich?

Die industrielle Landwirtschaft verursacht immense versteckte Kosten  (Foto: CCO, Pixabay) Die industrielle Landwirtschaft verursacht immense versteckte Kosten (Foto: CCO, Pixabay)

Nicht nur Bäuerinnen und Bauern geraten bei den derzeitigen Erzeugerpreisen in Existenznot. Aus den Billigpreisen des Einzelhandels resultieren auch für Verbraucher, Tier und Umwelt negative Folgen, jedoch sind diese Kosten verdeckt. Eine vom Aktionsbündnis „Artgerechtes München“ bei der Universität Augsburg in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die durchschnittlichen Marktpreise die sozialen, gesundheitlichen und ökologischen Folgekosten nicht beinhalten. Die Studie hatte die Faktoren Antibiotikaresistenzen und Nitrat-/Stickstoffbelastung und deren Auswirkungen auf die Preisentwicklung von Lebensmitteln berechnet.

Auf etwa 10 Milliarden Euro jährlich belaufen sich die externen Folgekosten, die aus der Düngung von landwirtschaftlichen Flächen durch Stickstoffeintrag hervorgehen. Trinkwasser muss gereinigt und Kosten durch Folgeerkrankungen übernommen werden – jedoch tauchen diese nicht im Produktpreis auf. Genauso wenig wie die gesellschaftlichen Folgekosten durch Antibiotikaresistenzen. Diese können nicht mal beziffert werden, da die Datenlage völlig unzureichend sei, wie M.Sc. Paulina Simkin von der Universität Augsburg mitteilt. Überproduktion und der Konsum dieser „Ramsch“-Lebensmittel sei Folge des mangelnden Einbezugs von Folgekosten in die Preisbildung. Es sei ein Marktversagen, dass nachhaltig erzeugte Lebensmittel teurer erschienen und zugleich eine Marktverzerrung.

Im April hatte das Bündnis mit einer Unterschriftenaktion mit 30.000 Unterzeichnenden erreicht, dass bei allen städtischen Veranstaltungen nur noch Fleisch aus artgerechter Tierhaltung angeboten werden solle.

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