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23.04.2018 |

Vor Agrarministerkonferenz in Münster: Bauern fordern Fleisch-Kennzeichnung und Umbau der Tierhaltung

AMK Münster Protest mit Schweinen für artgerechte Haltung am verganenen Freitag in Münster

Mit einer Gruppe munterer Schweine aus artgerechter Haltung hat die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) am vergangenen Freitag auf dem Marktplatz in Münster für die Einführung einer staatlichen Kennzeichnung von tierischen Lebensmitteln geworben. In der westfälischen Stadt tagt ab Mittwoch die Agrarministerkonferenz, zu der die 18 LandesagrarministerInnen sowie die Bundesministerin Julia Klöckner turnusgemäß zusammenkommen.

„Wir fordern von den Ministerinnen und Ministern die Einführung einer verpflichtenden Haltungs- und Herkunfts-Kennzeichnung für Fleisch, Milch und Eiprodukte“, erklärte der AbL-Vorsitzende Martin Schulz. Eine aussagekräftige und verlässliche Kennzeichnung sei wichtig, damit sich die Verbraucherinnen und Verbraucher bewusst für Fleisch und Milch aus tiergerechter Haltung entscheiden können. Und die Bauern und Bäuerinnen bräuchten Klarheit über die Anforderungen, damit sie die Ställe in tier- und umweltschutzgerechte Haltungssysteme umbauen können, ganz besonders in der Sauenhaltung. Aber der Umbau der Tierhaltung sei nicht umsonst, nach Angaben der Bauernorganisation müssten für ein derartiges Projekt Milliarden aufgewandt werden. „Wir erwarten von Bund und Ländern ein Umbauprogramm mit zusätzlichem Geld“, sagte der Neuland-Schweinehalter am Freitag.

Mit umgebauten Ställen kann sichergestellt werden, dass noch mehr Schweine künftig artgerecht und gesund leben. Ein wichtiger Indikator für gute Schweinehaltung ist etwa ein intakter Ringelschwanz. Christoph Dahlmann von Neuland beschrieb wie sein Verband seit Jahrzehnten arbeitet: „Die über 30-jährigen Erfahrungen unserer Schweinehalter zeigen, dass mit mehr Platz, Stroheinstreu, Auslauf und verschiedenen Klimazonen im Stall erfolgreich auf das Kupieren der Schweineschwänze verzichtet werden kann.“

Gregor Kaiser, Mitglied des nordrhein-westfälischen AbL-Landesvorstand, mahnte die NRW-Ministerin Schulze Föcking, die aktuell den Vorsitz der Agrarministerkonferenz innehat, dürfe die kleineren und mittleren Betriebe beim gesellschaftlich gewollten Umbau der Tierhaltung nicht vergessen. Er kritisierte die von der Ministerin geplante Abschaffung der bisherigen höheren Förderung für kleinere Milchvieh- und Sauen-Ställe. „Eine weitere Konzentration der Tierhaltung auf immer weniger Betriebe ist auch vor dem Hintergrund lokaler und regionaler Gülle-Überschüsse kontraproduktiv“, mahnte Kaiser.

Auf die Diskussion über den Ausstieg aus der Anwendung von Glyphosat und Neonikotinoiden ging der Ackerbauer Jan Wittenberg ein: „Der breitflächige Einsatz des Totalherbizids Glyphosat war einfach und für viele verlockend, aber er widerspricht einer guten ackerbaulichen Praxis.“ Notwendig sei eine umfassende Ackerbaustrategie, die auf vielfältigere Fruchtfolgen mit einem stärkeren Anbau von Leguminosen und Winterbegrünungen sowie auf eine bodenschonende Bodenbearbeitung einschließlich mechanischer Unkrautregulierung setze. Bund und Länder sollten ihre Förderpolitik und Zulassungspraxis entsprechend ändern, findet der AbL-Bundesvorstand. „Eine gute fachliche Praxis hilft der Artenvielfalt und Wasserqualität, und sie stärkt unsere Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von den zu Monopolen fusionierenden Saatgut- und Chemie-Konzernen“, so Wittenberg.

Ottmar Ilchmann forderte die Agrarministerinnen und -minister auf, endlich wirklich für die Milchviebetriebe einzutreten. Sie müssten die deutschen Molkereien zum Abschluss schriftlicher Lieferverträge mit den Milchbauern verpflichten, wie es im EU-Recht vorgesehen sei. „Die Appelle der Minister an die Molkereichefs haben nichts gebracht“, so der Experte für Milchviehbetriebe bei der Bauernorganisation. „Die Bauern müssen vor der Lieferung wissen, welche Menge sie zu welchem Preis und in welcher Qualität liefern können.“ Angesichts hoher EU-Lagerbestände an Milchpulver und der in den letzten Monaten stark gesunkenen Auszahlungspreise der Molkereien rief Ilchmann die Molkereien zudem dazu auf, mengenreduzierende Anreize einzuführen. Als Beispiel nannte er die größte niederländische Molkerei Friesland/Campina es geschafft hat, die Milchmenge an die Nachfrage anzupassen. Die EU solle ähnlich wirkende Instrumente zur Vermeidung von Milchmarktkrisen einführen.

Zur anstehenden Reform der EU-Agrarpolitik schlugen die Bäuerinnen und Bauern die Einführung eines Punktesystems vor, dass die bisherige Praxis der Subventionsvergabe ablösen soll. Heute werden in Deutschland die EU-Gelder stur nach Hektar Fläche ausgezahlt. Dabei wird nicht betrachtet, ob die EmpfängerInnen zu Umwelt- und Tierschutz beitragen. Auch gibt es keine Begrenzung der Subventionen für GroßgrundbesitzerInnen. Dies führe zu Fehlanreizen und fördere die Landkonzentration bei Großbetrieben und überregional tätigen Kapitalanlegern, so die Kritik der AbL. Künftig sollten die Direktzahlungen über ein Punktesystem abgewickelt werden. Mit diesem würden konkrete Leistungen der Betriebe, z.B. für vielfältige Landschaften, Artenvielfalt, saubere Gewässer und tiergerechte Haltung honoriert. Außerdem sollen über höhere Aufschläge für die ersten Hektare und Kürzungen bei hohen Beträgen eine vielfältige Betriebsstruktur unterstützt werden.