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08.05.2017 |

Agrarsozialwahl 2017: Für mehr Demokratie in der Landwirtschaft

Mehr Demokratie - Eickmeyer Protest der Liste Eickmeyer in Stuttgart-Heslach (Foto: agrarsozialwahl.de)

Zum ersten Mal finden dieses Jahr Sozialwahlen in der Landwirtschaft statt. Noch bis zum 31. Mai können nicht nur die Mitglieder von Krankenkassen und Rentenversicherung, sondern auch alle selbstständigen Landwirte ohne fremde Arbeitskräfte (SofA) ihre VertreterInnen wählen. Insgesamt 20 gewählte SofA-RepräsentantInnen werden in die 60 Mitglieder starke Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (kurz: SVLFG) einziehen. Die beiden übrigen Drittel stehen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen zu, die allerdings nicht abstimmen, weil jeweils nur eine Liste zugelassen wurde.

Die Entscheidungen der SVLFG-Vertreterversammlung haben viel Einfluss auf das Leben und Arbeiten auf den Höfen. So werden etwa die Beitragssätze zur Berufsgenossenschaft, die Höhe von Betriebshilfen und auch Beratungsmöglichkeiten zu Alterskasse oder Kranken- und Pflegeversicherung festgelegt. Bis dato wurde die Vertreterversammlung nicht durch Wahlen bestimmt, weil es nur Einheitslisten gab. Diese wurden maßgeblich vom Deutschen Bauernverband dominiert, weswegen immer wieder Kritik an der mangelnden Demokratie und der Nähe des Gremiums zur Agrarindustrie laut wurde. Vor diesem Hintergrund ist die „Freie Liste Eickmeyer“ angetreten, um für mehr Pluralismus und für eine Stimme der bäuerlichen und kleinen Betriebe im SVLFG-Parlament zu sorgen.

Zentraler Kritikpunkt der KandidatInnen der Liste Eickmeyer, die unter anderem von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) unterstützt werden, sind die Beitragssätze zur Berufsgenossenschaft. Nach der Wahl wollen sie eine Überarbeitung des ungerechten Modells erreichen, denn kleine Betriebe werden überdurchschnittlich stark belastet. Für den eigentlich von der Betriebsgröße abhängigen Grundbeitrag wurde eine Mindest- und eine Maximalhöhe festgelegt, so dass kleine Betriebe durch einen für sie unverhältnismäßig hohen Ansatz benachteiligt werden. Zusätzlich unterliegt der risikoorientierte Beitragsanteil einer Mengendegression. Das heißt ein 30-Kuh-Betrieb muss im Vergleich zum einem 400er-Betrieb doppelt so viel pro Kuh zahlen, für einen Hektar Grünland oder Druschfrüchte im 50-Hektar-Betrieb wird das Anderthalbfache wie im 500-Hektar-Betrieb fällig. Belege für entsprechende Zusammenhänge mit dem Unfallrisiko gibt es nicht und letztlich begünstigt die aktuelle Regelung vor allem große Betriebe.

Um den Anliegen der Eickmeyer-Liste Gehör zu verschaffen, veranstalteten Mitglieder in den letzten Wochen mehrere Kundgebungen. Beim Protest vor der SVLFG-Geschäftsstelle in Mühldorf am Inn kritisierte Gertraud Gafus, Kandidatin aus Bayern, die Vertreterversammlung folge nicht dem Solidarprinzip und sei demzufolge gesellschaftspolitisch nicht tragbar. Entgegen dem Solidaritätsgedanken einer Sozialversicherung würden einige Betriebe bevorzugt und dafür die große Mehrheit der Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe belastet – gerade auch kleinere, tierhaltende Betriebe. Gafus forderte vor diesem Hintergrund unter anderem die Überarbeitung der bestehenden Regularien zur Hofübergabe, die Aufnahme der Landwirte in das gesellschaftliche Rentensystem und eine vom Bauernverband unabhängige Sozialberatung. Ihr Berufsgenosse und AbL-Regionalsprecher, Georg Planthaler, wies auf die enge personelle Verstrickung zwischen Bauernverband und SVLFG-Vertreterversammlung hin und bemerkte: „Der Bayrische Bauernverband vertritt nicht die Interessen der bäuerlichen Familienbetriebe, sondern die der Agrarindustrie“. Deutlich werde dies beispielsweise in der ungerechten Beitragserhebung zur Sozialversicherung, die kleine Betriebe benachteilige.

Daher ist die Liste Eickmeyer angetreten, um sich für bäuerliche Interessen einzusetzen und dabei auch WinzerInnen, ImkerInnen und JägerInnen zu unterstützen. Dabei ist zu hoffen, dass die Sozialversicherung in der Landwirtschaft künftig durch mehr Beitragsgerechtigkeit, Transparenz bei Beschlüssen, Generationengerechtigkeit und unabhängige Beratungsangebote geprägt sein wird.