Meine-Landwirtschaft.de

Der politische Suppentopf brodelt in Nürnberg

Wer sichert eigentlich die Ernährung in den Städten der Zukunft? Was sind die großen Herausforderungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und Ernährung? Welche Initiativen gibt es in Nürnberg und Umgebung, die bereits Pfade in Richtung einer ökologischen und sozial gerechten Landwirtschaft beschreiten? Und wie können sich diese vernetzen bzw. ihre Vernetzung untereinander ausbauen?

Am Samstag, den 21. November 2015, trafen sich etwa 20 Menschen – Bäuerinnen und Bauern, urbane GärtnerInnen, StadtteilgestalterInnen, Engagierte und Interessierte im Gewächshaus in Nürnberg, um gemeinsam an Visionen einer zukunftsfähigen Landwirtschaft zu basteln, Ideen zu entwickeln und deren Umsetzung zu planen. Natürlich wurde nicht nur eifrig diskutiert und genetzwerkt, sondern auch gemeinsam mit dem Kochaktivisten Wam Kat und der „Fläming Kitchen“ regionales Gemüse geschnippelt, gekocht und gespeist.

Ein weiter so ist keine Option!

Alessa Heuser vom INKOTA-netzwerk führte uns den globalen Kontext vor Augen: Die Industrialisierung und Globalisierung unserer Landwirtschaft führen uns in eine Sackgasse. Die natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Wasser und Biodiversität werden ausgebeutet, das Klima ist überlastet. Gleichzeitig leidet immer noch jeder achte Mensch an Hunger und die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Wir brauchen einen radikalen und systemischen Wandel. Aber was heißt das konkret für Nürnberg und Umgebung?

Initiativen, die den Weg in die Zukunft vorgeben

Insgesamt 7 Akteure zeigten, wie sie Ernährung und Landwirtschaft in und um Nürnberg zukunftsfähiger machen. Dabei lagen die Schwerpunkte auf der Schaffung regionaler Versorgungsstrukturen, der Bildungsarbeit im Bereich Ernährung und Landwirtschaft sowie der Ernährungspolitik als kommunale Aufgabe. Ob engagierte ErzeugerInnen, UmverteilerInnen von Lebensmitteln – es kam eine bunte Mischung aus Akteuren zusammen, die Lust auf eine Veränderung des Ernährungssystems in ihrer Region haben.

Ein spannender Input kam auch aus Berlin. Alessa Heuser vom INKOTA-netzwerk stellte die Idee und das Wirkungspotential von Ernährungsräten vor und erzählte von der Neugründung des Berliner Ernährungsrates. Ob ihr bald auch einen Ernährungsrat für die Region Nürnberg gründen werdet?  

Stadt Land Beides

Das Besondere bei Stadt, Land, Beides ist, dass verschiedene SoLaWi-Höfe mitmachen und du dich auf einem oder mehreren Höfen engagieren kannst. Insofern steht dir eine breite Palette an Lebensmitteln zur Auswahl. Den Großteil der Lebensmittel beziehst du regelmäßig, einen Teil bekommst du auf Bestellung. Die ErnteteilerInnen sorgen gemeinsam für einen effektiven Transport, der Lebensmittel zu den Depots in Nürnberg und in der Region bringt. Hier kannst du dir die Ernte von einem oder mehreren Höfen deiner Wahl abholen.

Biolandhof Karl Dollinger

Wir sind ein lebendiger landwirtschaftlicher Betrieb mit Ackerbau, Milchviehhaltung, Gemüsebau, Verarbeitung und Direktvermarktung. 2014 haben wir begonnen, unseren Betrieb auf Solidarische Landwirtschaft umzustellen. Wir möchten damit uns und anderen Menschen die Möglichkeit eröffnen, gesunde Nahrungsmittel zu produzieren und zugleich die Vielseitigkeit unseres Betriebes bewahren. Besonders am Herzen liegt uns eine Landwirtschaft der Vielfalt und des respektvollen Miteinanders von Natur, Mensch und Tier.

 

BioMetropole Nürnberg

Die Stadt Nürnberg fördert Bio-Lebensmittel und Unternehmen aus der Bio-Branche und setzt sich damit für gesunde Ernährung, ökologischen Landbau und regionale Wirtschaftskreisläufe ein. Die BioMetropole Nürnberg sieht sich als Partner aller, die sich für mehr "Bio" engagieren möchten.

Gartenbaubetrieb noris inklusion gGmbH Rent-a-Huhn

Die noris inklusion ist Arbeitgeber für weit über 500 Menschen mit Behinderung in 5 Produktionsstätten. Eine davon ist der Gartenbau mit ca. 100 Beschäftigten. Rent-a-Huhn ist ein Arbeitsfeld für 6 Menschen mit Behinderung. Wir halten 300 Hennen ökologisch. Diese werden an Paten vermietet. Die Hühnerpaten holen die Eier direkt in der Werkstätten und im Gartenbau ab, es entsteht Begegnung, unsere Beschäftigten erleben sich mit ihren Kompetenzen, in dem sie ihr Arbeitsfeld selbst zeigen und organisieren. So sorgen wir für eine inklusivere Stadtgesellschaft.

Stadtgarten Gartenküche

Im Stadtgarten steht – wie sollte es anders sein – das Gärtnern mit all seinen Facetten, Chancen und Zielen im Mittelpunkt. Entsprechend dem, was die Natur am Sonnabend zum Ernten reif werden ließ, lässt unser Küchenteam seiner Kreativität freien Lauf und zaubert im Garten auf Gas und Feuer ein leckeres Essen. Im Garten zu kochen ist immer spannend, denn natürlich variieren die Gerichte saisonal. Aus dem, was nicht aufgegessen und von den Gärtnern und Gästen für die Heimküche mitgenommen wird, lassen wir Haltbares entstehen. Wer mehr darüber erfahren möchte, meldet sich einfach zu einem unserer Workshops an.

Bio-Verbraucher e.V

Den Verein Bio-Verbraucher gibt es seit 2005. Wir bringen ErzeugerInnen und KonsumenteInnen von Bio-Lebensmitteln zusammen, haben rund 600 Mitglieder, engagieren uns lobbymäßig in der Metropolregion Nürnberg und informieren mit unserem Stand bei Bio-Veranstaltungen in Mittelfranken.

Ernährungsrat Berlin

Der Ernährungsrat für Berlin ist eine offene Bewegung von Akteuren aus Berlin und Umland, die sich mit dem Thema Ernährung befassen. Unser Ziel ist es, den Themen „Ernährung“ und „Landwirtschaft“ – und damit zusammenhängenden Fragen wie Nachhaltigkeit, Stadtentwicklung, Regionalität, soziale und globale Gerechtigkeit, menschliche und tierische Gesundheit – in der Region Berlin-Brandenburg mehr öffentliche Aufmerksamkeit und politische Schlagkraft zu verleihen. Der Rat ist ein breites Bündnis, das Ideen, Strategien, Vorschläge, Forderungen und Visionen entwickelt, um das Ernährungssystem in der Region Berlin-Brandenburg zukunftsfähig zu machen. Der Rat ist offen für alle Akteure aus Berlin und Umland, die sich mit dem Thema Ernährung befassen: bäuerliche ErzeugerInnen, StadtgärtnerInnen, lokale VertreterInnen aus Ernährungswirtschaft, Lebensmittelhandwerk und Gastronomie, LebensmittelretterInnen, Food-AktivistInnen, Engagierte von Verbänden und Vereinen, politische BildnerInnen, WissenschaftlerInnen, VerbraucherInnen etc.

Aktiv werden! Welches Rezept ernährt Nürnberg und Umgebung in Zukunft?

In der zweiten Tageshälfte waren alle eingeladen, selbst aktiv zu werden. In drei thematischen Kleingruppen wurden Erfahrungen ausgetauscht, Ideen gesammelt und konkrete Schritte für die Zukunft geplant.

1. Kleingruppe Ernährungspolitik als kommunale Aufgabe

    Was läuft gut?

  • BioRegio 2020
  • Es gibt schon viele Projekte in Nürnberg
  • Bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum kommen viele Menschen

    Was läuft schlecht?   

  • Die Ernährungsszene ist eine „Blase“
  • Informationsweitergabe nach außen
  • Vernetzung könnte stärker sein

    Was muss sich ändern?

  • Essbare Stadt Nürnberg (Stadtratsbeschluss)
  • Bio-Marketing
  • Mehr Menschen mobilisieren

    Was können wir konkret tun?    

  • Vorhandene Strukturen nutzen (z.B. Parks)
  • Regelmäßiger Termin für Veranstaltungen
  • Straßenfeste
  • Infrastruktur aufbauen (Mostereien, Brotbacköfen)
  • Übergeordnete Stelle für das Marketing der bestehenden Projekte
  • GeldgeberInnen finden
  • Masterarbeit vergeben

2. Kleingruppe Ernährungsbildung

    Was läuft gut?

  • Bereits aktive Stadtgärten und Höfe
  • BioRegio Bayern
  • Demonstrationsbetriebe Ökolandbau
  • Liste ErnährungsberaterInnen

    Was läuft schlecht?

  • Fehlende Verbindung der Themen Ernährung & Landwirtschaft
  • Mangelnde Aufklärung außerhalb der Ernährungsszene
  • ErzieherInnen befassen sich überwiegend nicht mit dem Thema
  • An den Schulen fehlt die Zeit
  • In Bayern ist Ernährungsbildung keine kommunale Aufgabe

    Was muss sich ändern?

  • Verbindung zur Landwirtschaft
  • Praxis
  • In den Schulen kochen
  • ErzieherInnenausbildung in dem Feld ausbauen
  • Menschen zusammenbringen
  • Stärker die Unterschiede zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft deutlich machen

    Was können wir konkret tun?

  • LehrerInnen aufzeigen, welche Orte Ernährungsbildung anbieten
  • Systematische Bildungsarbeit
  • Erfahrungen ermöglichen durch erlebnisreiche Angebote
  • Netzwerktreffen im Frühjahr 2016

3. Kleingruppe Alternative Versorgungsstrukturen

   Was läuft gut?

  • Selbsterntegärten
  • Solawi Nürnberg
  • Bio & Nah Genossenschaft

    Was läuft schlecht?

  • Es gibt keine Lobby/kein Sprachrohr der alternativen Akteure

    Was muss sich ändern?

  • Neue Verbündete finden
  • Infrastruktur aufbauen
  • Verschiedene Konzepte miteinander verbinden

    Was können wir konkret tun?

  • FoodCoops bilden
  • Slow Food Youth-Gruppe in Nürnberg gründen
  • Neue Solawi-Depots schaffen

 

Der Politische Suppentopf kam gut an – einige persönliche Highlights von Teilnehmenden


"Das Kennenlernen anderer Menschen und Projekte"

"Leckeres Essen"

"Wam Kat"